Miriam Pielhau – Radiergummitage

von Verein

Oh, das hatte was. Das hatte wirklich etwas. Während sie weiter darauf herumdachte, ging sie ins Bad, zog den Blümchen-Pyjama aus und stellte sich unter die Dusche. Und dort gab sie dem Plan, während ihr kühles Wasser ins Gesicht sprühte, einen Namen: Majas Missionen. Ein Jahr voller Missionen. Um sich die Zeit zu verkürzen, bis es endlich hinter ihr lag.“

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Jeder kennt solche Tage, die meistens schon am Morgen etwas verquer beginnen und sich bis zum Abend durch reine Selbstverschuldung zu einem mittelschweren Fiasko entwickeln … wenn auch nur manchmal tief in einem drin. Genau für diese Tage bräuchte man den Radiergummi des Universums. Nicht um einen solchen Tag gänzlich aus dem Tagebuch des Lebens zu tilgen, sondern um die Lebenslinien dieser 24 Stunden nicht so kantig und chaotisch zu belassen.

Maja, Single und Schauspielerin am Braunschweiger Theater, sieht sich mit ebenso einem Radiergummitag konfrontiert: ihrem 35. Geburtstag. Solange sie denken kann, verspürt sie eine starke Abneigung, ja beinahe Hass, gegen diese Zahl. Dabei kann sie sich ihre Gefühle nicht einmal selbst erklären.

Damit also dieses Unglücksjahr schneller vorbeigeht und nicht zu einem kompletten Reinfall mutiert, beschließt Maja, sich selbst Aufgaben zu stellen. Pro Monat eine neue Herausforderung, um nicht in ihrer kuscheligen Komfortzone zu versauern und in Selbstmitleid zu versinken. Dabei sind diese Missionen kein Geheimnis, stehen sie doch alle fein säuberlich untereinander auf der Buchrückseite. Trotzdem gelingt es Miriam Pielhau mit vielen Wortspielen und Witz ihre Leserschaft neugierig auf die Umsetzung und vor allem den (erfolgreichen?) Ausgang zu machen.

Unterstützung (und mehr oder weniger geduldete Einmischungen) erhält Maja während dieser Zeit von ihrer Adoptivoma Lina aus dem Hochparterre und ihren Freundinnen Greta, Paule und Helene. Außerdem gibt es da noch das schwierige Verhältnis zu ihrer egozentrischen Mutter und den stillen Wunsch einer Beziehung mit Edu, ihrem selbstbezogenen Kollegen, der Wein und Weib gegenüber nicht abgeneigt ist.

Fazit: Ein Jahr lang begleitet man Maja bei ihren Missionen, wobei diese gar nicht so sehr im Vordergrund stehen, wie man am Anfang vielleicht glaubt. Denn in diesen zwölf Monaten wird sie Zeuge von Geburt und Tod und erlebt alles, was das Leben zwischen diesen beiden Stationen an Höhen und Tiefen bereithält. Das Buch ist ein bunter Mix an Gefühlen, besonderen Kleinigkeiten und einigen philosophischen Passagen, die aber nie wuchtig oder altbacken, sondern immer mit einem Augenzwinkern daherkommen.

PS: Das Gegenteil von Radiergummitagen sind übrigens Tattoo-Nächte.

Miriam Pielhau: „Radiergummitage“. DuMont Buchverlag. 9,99 EUR, ISBN: 978-3832162627.