Die Katholische Akademie des Bistums Dresden-Meißen hatte zu einer Gedenkveranstaltung anlässlich des 50. Todestages von Mascha Kaléko, einer deutsch-russischen Jüdin und bedeutenden Lyrikerin im Berlin der Goldenen Zwanziger, eingeladen.
Sich spontan auf den Weg ins Haus der Kathedrale auf der Schlossstraße zu machen, war nicht die beste Idee. Denn die freundliche junge Frau am Einlass empfing uns mit der Mitteilung, dass der Saal bis auf den letzten Platz ausgebucht sei. Sie tröstete uns aber damit, dass in der Erkältungszeit immer noch der eine oder andere Platz frei bleibe, was sich dann auch bewahrheitete.
Und so lauschten wir aufmerksam den Ausführungen von Dr. Julia Meyer, die uns mit ihrer Doktorarbeit unter dem Titel „Zwei Seelen wohnen, ach, in mir zur Miete“ durch das Leben dieser Lyrikerin führte. Wir erfuhren viel über ihre Freundschaft zu Erich Kästner, Joachim Ringelnatz und Else Lasker-Schüler. Wir wurden mit ihren privaten Sorgen, ihren Problemen im Exil und in der Nachkriegszeit konfrontiert. Besonders beeindruckend fand ich ihre Affinität zu Heinrich Heine. Der Schauspieler Boris Schwiebert und der Pianist Jörg Kandl brachten uns Kalékos Werk durch Rezitation, Gesang und auch Instrumentalmusik nahe. Somit ließen sie in uns die Goldenen Zwanziger wieder ein bisschen lebendig werden.
Ich ging in einer zwiespältigen Stimmung nach Hause. Auf der einen Seite klangen die wunderbaren Gedichte in mir nach, andererseits verspürte ich wieder einmal Hass und Wut auf die zwölf Jahre des sogenannten Dritten Reiches, die nicht nur Millionen von Menschen das Leben gekostet, sondern auch die besten, avantgardistischsten Blüten europäischer Kultur zerschlagen hatten.
