Lesedauer: ca. 2-3 Minuten
Endlich war es soweit. Von der Pillnitzer Landstraße ging ich in Richtung Elbe. Zum Elbhangtreff in Dresden-Niederpoyritz war es nicht mehr weit und ich hörte die lauten und fröhlichen Stimmen schon von weitem. Es ist der 26. Juni 2021 und das erste Wochenende in der Corona-Zeit, an dem erste Restriktionen endlich gelockert worden sind.
Als ich in den Schatten des alten Hauses hineintrete und die abgetretenen Steintreppen hochsteige, ist mir eins klar: alle Altersgruppen hungern nach kulturellen Ereignissen. Und die Premierenlesung zum Buch „Als der Fluss zu tief wurde“ meiner Autorenkollegin Susanne Steinbrecher bot dazu die beste Gelegenheit. Unter den Gästen und den Gastgebern herrscht eine aufgekratzte, und passend zum sonnigen Sommerwetter, sehr heitere Stimmung.
Ich freue mich hier zu sein, begrüße Susanne mit einem kleinen Blumenstrauß zur Buchveröffentlichung und entdecke einige meiner Literaturner-KollegInnen. Es ist toll, alle wiederzusehen und Neuigkeiten auszutauschen.
Aber ich schweife ab. Zurück zum Buch. Es ist Gegenwartsliteratur und im Dresdner Verlag Hille erschienen. Von mir mit Spannung erwartet. Warum? Ganz einfach, weil Susanne vorab in unserer Schreibwerkstatt viele Einblicke gegeben und uns manchmal um Rat gefragt hatte.
Worum geht es in dieser Geschichte?
Wir haben die Zeit der Wende in Deutschland und Hauptfigur ist Mattis, ein Zwei-Meter-Hüne und leidenschaftlicher Kletterer sowie Gitarrenspieler. Weiter spielen Flüsse eine Rolle, sowohl die Elbe als auch der Main. Denn Mattis verschlägt es nach Abitur und Studium als Sozialarbeiter von Sachsen nach Frankfurt.
Dort leistet er in einem Heim für geistig behinderte junge Erwachsene seinen Zivildienst ab. Er wird von den meisten als der „Zivi“ abgestempelt und leistet dort überwiegende Hilfsarbeiten. Jedoch fühlt er sich nicht ausgelastet und er versucht auf seine eigene Weise sich um die Patienten zu kümmern. Dabei stößt er auf Gegenwind. Die junge Bettina arbeitet hier ebenfalls und teilt seine Ansichten. Beide verlieben sich ineinander. Nach einer Reise in Europa kehrt der gereifte und erstarkte Mattis nach Sachsen zurück. Zwischen Dresden und Pirna saniert er mit Gleichgesinnten einen Dreiseitenhof, um seine Vision umzusetzen: eine persönlichkeitsfördernde Integration für zum Teil schwerstbehinderten Kinder mit Besuch einer Schule in der Nähe und fröhlicher Freizeitgestaltung. Allerdings passiert das Leben und viele Hürden und Berge gilt es zu überwinden. Manchmal wird die Last zu groß und es passieren Katastrophen …
Ohne zu viel von der Handlung zu verraten, hat mich die Dramatik die zum Ende führt und auch ein Vorwärtsblicken zeigt, ziemlich beeindruckt. Bei der Lesung hatte Susanne Steinbrecher Unterstützung durch den Schauspieler Teo Vadersen, der nicht nur einzelne Passagen aus dem Buch mit baritontiefer Lebendigkeit füllte, sondern mit seiner Frau und Gitarre dem Ganzen eine musikalische Umrahmung gab. Es war eine tolle Veranstaltung, wie am Applaus am Ende zu hören war. Danach ging ich zur nahen Elbe. Die Spiegelglätte im orangen Abendlicht täuschte mich für wenige Minuten, wie reißend und tief ein Fluss in Wirklichkeit ist.