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Ein schöner Septembersonntag. Milchiges Herbstlicht fließt durch die großen Fenster des Schlosses Albrechtsberg. Klavierspiel erfüllt die Räume, spendet heitere Festlichkeit. Hier und da Gelächter und Beifall. Geräusche von Autorenlesungen, die in angrenzende Räume wandern.
Es ist der 12. September 2021, Tag des Offenen Denkmals und zugleich der Termin für die kleine, noble Dresdner Buchmesse unter dem Motto „Dresden (er)lesen“.
Einer der ersten Gäste ist der Kleine Muck. Zwischen Managern, Ausstellern, technischem Personal und den ersten Besuchern schlendert er in heiterer Gelassenheit durch die königlichen Säle. Aber er ist viel jünger als sein Hauff‘sches Vorbild und vom Angesicht her viel schöner. Unter dem großen Turban strahlt ein offenes Kindergesicht mit wachen, hellen Augen. In Pumphosen sind schlanke, kräftige Jungenbeine zu erahnen, die schon mal lossprinten können. Da braucht es keine Zauberpantoffeln.
Da hat der Zauberstab, den unser Buchmessen-Muck mit sich führt, schon mehr Ähnlichkeit mit dem im Märchen. Auch er führt zu Schätzen. Allerding sind diese nicht in der Erde vergraben, sondern lagern auf Tischen, Auslagen, Buchständern. Und um diese zu heben, braucht man keinen Spaten, sondern die Augen, einen wachen Verstand und ein Herz an der richtigen Stelle.
Unser Muck weist auf bedeutende Räume im Schloss hin, den Kronensaal, das Türkische Bad zum Beispiel. Er macht auf Details aufmerksam, verteilt Flyer.
Den Veranstaltern von „Dresden (erlesen)“ ist es gelungen, mit einem klugen Hygienekonzept das für eine Messe typische Drängeln in ungezwungenes Flanieren zu wandeln, die Besucherströme zu leiten, ohne dass man sich gegängelt fühlt. Nur die Einheitsmasken stören etwas. Verstecken sie doch so manches Lächeln. Nun ja, was sein muss, muss sein.
Und so erfüllt es uns Literaturner als Autorenvereinigung mit Freude und Stolz, dass wir auch in diesem Jahr wieder dabei sein und unseren Stand im Blauen Salon aufbauen durften.
Immerhin präsentieren sich an diesem Sonntag sechs unserer Mitglieder mit ihren eigenen, in der letzten Zeit erschienenen Büchern, stehen den Besuchern Rede und Antwort, signieren, wenn gekauft wird.
Letzteres geschieht allerdings eher selten. Zu groß sind wohl Vielfalt und Angebot speziell dieser Messe und an all dem, was der Tag des Offenen Denkmals für die Dresdner noch bereithält. Dafür wird wieder fleißig gewürfelt. Ein Spiel, das sich in den Vorjahren bewährt hat: Für den Preis, den die Würfelzahl angibt, kann man sich ein Buch aussuchen. Da sind vor allem die beiden Anthologien, die als Gemeinschaftswerke der Literaturner entstanden, und Bücher aus dem Nachlass des von uns allen hochgeschätzten und leider viel zu früh verstorbenen Rolf Bergmann. Unser Muck ist nicht mehr zu sehen. Wahrscheinlich ist er in den Park gegangen, um nach dem Feigenbaum zu suchen, bei dem einem Eselsohren wachsen, wenn man von seinen Früchten kostet. Wir hätten Muck getrost folgen können, denn vor Eselsohren brauchen wir uns nicht zu fürchten, ganz gleich, was wir verzehren. Denn Lesen und Schreiben sind die beste Immunisierung gegen solche Auswüchse.