Marsch, Tadeusz Dąbrowski!

von Kay

Am 9. 11. 2022 hatte ich das Vergnügen, der Lesung von Tadeusz Dąbrowski im Landhaus Dresden beiwohnen zu dürfen. Das Thema lautete: „Wenn die Welt schläft“ und stimmte mit dem Titel seines neuen Gedichtbandes überein.

Zum Einschlafen war die Lesung freilich nicht. Die polnischen Lyrikhäppchen in deutscher Sprache entpuppten sich als das erfrischende Innere unverzehrter Pierogi. Als dann auch noch ein junges Oxymoron durch den gut besuchten Saal geführt wurde, ertönte ein Hallo, das den letzten Zweifel am Wachsein der Zuhörer zerstreute. Doch die Zirkuseinlage währte nicht lange und schnell kam man wieder zum philosophischen Ernst zwischen den angenagelten Kategorien der Postmoderne zurück. Religion spielte eine wichtige Rolle. Eine Pfeife mit Lippenstift drauf spielte eine Rolle. Auch ein Apfel, der keinerlei Wahrheit enthält, solange er bloß sein Wort ist. Ungenannt blieb ein Frühstücksei, das gegen seinen Willen hartgekocht wurde. Das Leben spielte die größte Rolle, denn „zwischen dem Wort Wahrheit und der Wahrheit geschieht der Tod.“ (Besser hätte es Simone Weil nicht ausdrücken können.) Und zwischen dem Leben und dem Wort Leben kommen Gedichte des Weges wie Katzen, das heißt, wenn sie wollen. Sie einzufangen ist gar nicht so schwer, man muss nur die Kopfhörer fest auf seine inneren Ohren drücken.

Um die Message des Abends zusammen zu fassen, möchte ich mich wie folgt aus dem Fenster lehnen:

Manch Dichter wechselt die Adresse
und auch das weibliche Int’resse.
Die Tat ist klüger
als ihr Ausführer
nur jenseits tiefer Denkprozesse.

Zum Schluss bedanke ich mich bei den Organisatoren dieses wunderbaren Abends, dem Stadtmuseum, der Buchhandlung LeseZeicheN in der Neustadt, der Stiftung Lyrik Kabinett aus München und natürlich bei Tadeusz.

Tadeusz Dąbrowski wurde 1979 in Elbląg, Polen, geboren. Er ist Lyriker, Essayist, Kritiker und Redakteur der Literaturzeitschrift ‚Topos‘. Tadeusz hat mehrere Gedichtbände publiziert, darunter „Wenn die Welt schläft“ (2022), Schwarzes Quadrat auf schwarzem Grund (2010) sowie den Roman „Eine Liebe in New York“ (2019). Tadeusz erhielt mehrere Preise, darunter den Horst-Bienek-Förderpreis (2014) und den Hubert-Burda-Preis (2008).

Heute lebt er in Gdańsk (Danzig).
https://www.lyrikline.org/de/gedichte/bierki-3744


Autor: Kay